Iris Seidl

Meine Lebenslinien

Bereits in meinem Pflegepraktikum auf einer onkologischen Station habe ich gespürt, dass ich oft nach Hause ging, mit dem tiefen Gefühl und Wissen, genau zum richtigen Moment am richtigen Ort gewesen zu sein. Die Dankbarkeit und Offenheit meiner Patienten zeigten mir, dass der Bereich Palliative Care genau das ist, warum ich den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin erlernen wollte. Einige Jahre durfte ich dann Patienten und Angehörige auf einer Palliativstation versorgen und betreuen und meine Erfahrungen vertiefen. Mit dem Aufbau unserer SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) änderten sich meine beruflichen Träume, denn ich wusste plötzlich – hier bei den Patienten zu Hause ist mein Platz. Menschen am Lebensende auf ihrem Weg begleiten zu dürfen und deren Angehörigen das Gefühl und die Sicherheit geben zu können, dass dieser Weg genau so „geh bar“ sein kann, das ist meine Herzensaufgabe. Hier schloss sich auch ein persönlicher Kreis, denn den ersten Menschen, den ich zu Hause bis zum Tod begleiten durfte, war meine geliebte Großtante. Über die Jahre habe ich schnell gespürt, dass wir in unserem Beruf der Pflege wesentlich mehr tun können, wenn wir nur wieder unser Gespür, unsere Intuition und auch ein bisschen unsere Sinne als unser Handwerkszeug miteinbeziehen. Palliative Care ist so viel mehr als „nur“ Sterbebegleitung. Es ist stets eine lebendige Begegnung, die Körper und Seele berührt.